Wie sorgen wir dafür, dass das Soziale in der Nachhaltigkeitsdebatte nicht zu kurz kommt?

Soziale Verantwortung ist ein wichtiger Stützpfeiler für die Widerstandsfähigkeit und das Wohlergehen unserer Gesellschaft. Die Menschen, die in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft arbeiten, erfüllen zentrale Aufgaben für die Gemeinschaft und sichern deren Zukunftsfähigkeit. In der Diskussion über Nachhaltigkeit standen gesellschaftliche und soziale Aspekte bisher jedoch im Schatten der ökologischen Dimension dieses Themas. Dabei sind sie fester Teil der „Environmental, Social, Governance“-Kriterien, kurz ESG: Mit einem stärkeren Fokus auf das S im gesellschaftlichen Bewusstsein kann der Blick für scheinbar Selbstverständliches wieder geschärft werden.

Wir müssen das Soziale ins Bewusstsein der Nachhaltigkeitsdebatte rücken.

Lebenswerte Gesellschaft

Eine nachhaltig lebenswerte Gesellschaft – für Prof. Dr. h. c. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), ist damit eine Gesellschaft gemeint, die an alle Menschen denkt. Auch berücksichtigt sie nicht nur ihre eigene Zukunft, sondern auch die Zukunft folgender Generationen, indem sie zum Beispiel entsprechend klimabewusst lebt. Banken können das beispielsweise durch Investitionen in nachhaltigkeitszertifizierte Unternehmen und Projekte unterstützen und dadurch sozial ausgleichend wirken. Damit leisten sie einen Beitrag zu einer vorsorgenden Sozialpolitik.

„Eine nachhaltige Gesellschaft werden wir nur erreichen, wenn wir der dadurch verstärkten Ungleichheit entgegensteuern – aber nicht nur: Wir müssen auch für die gegenseitige Anerkennung unterschiedlicher Lebenslagen und Lebensstile sorgen, um eine Grundlage für einen gemeinsamen Weg zu schaffen.“

Prof. Dr. h. c. Jutta Allmendinger –

Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB)

Gesellschaftliche Teilhabe

Der Gesundheits- und Sozialsektor stellt einen der größten und bedeutendsten Arbeitgeber in Deutschland dar. In Deutschland arbeiten nach letzten statistischen Erhebungen rund 4,2 Millionen Vollzeitkräfte in diesen Branchen. Sie unterstützen die Bevölkerung auf vielen Ebenen, indem sie Hilfsleistungen bereitstellen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Der soziale Sektor ist unser gesellschaftlicher Kitt, er fungiert als wesentlicher Faktor zur Stärkung des sozialen Gefüges unserer Gesellschaft.

Die Evangelische Bank unterstützt die wertvolle Arbeit der Kirche, Diakonie, Gesundheits- und Sozialwirtschaft seit über 55 Jahren in vertrauensvoller und professioneller Partnerschaft. Deren Leistung sieht Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands der Evangelischen Bank, darin, gute Lebensbedingungen zu schaffen – insbesondere durch den Dienst am Menschen. Damit leisten diese Branchen zentrale Aufgaben für die Gemeinschaft und einen elementaren Beitrag für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft – und das auch in herausfordernden Zeiten.

„In unserem Kundenportfolio gibt es viele beeindruckende Beispiele, wie unsere Kund:innen durch ihre Arbeit unsere Welt verbessern.“

Thomas Katzenmayer –

Vorsitzender des Vorstands der Evangelischen Bank

700.000

Menschen engagieren sich freiwillig in der Diakonie Deutschland.

630.000

Mitarbeitende sind hauptamtlich tätig.

889

Angebote in den Bereichen Qualifizierung, schulische und berufliche Bildung stellt die Diakonie Deutschland bereit.

Investitionen in Innovationen

Die Sozial- und Gesundheitswirtschaft muss dringend transformiert und dabei vor allem finanziell entlastet werden. Die Arbeitsumgebungen verlangen nach Modernisierung und im Bereich der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit gilt es, moderne und zukunftsfähige Innovationen zu etablieren.

Nachhaltige Immobilieninvestitionen sind ein wichtiger Baustein der zukunftsorientierten Ausrichtung. 90 Prozent des Rohstoffkonsums und 40 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen auf das Bauen und den Betrieb von Gebäuden und die damit verbundenen Infrastrukturen. Das Thema gewinnt durch den Bewusstseinswandel in der Gesellschaft an Bedeutung. Es wird seit der Coronapandemie heiß diskutiert und wirkt sich aktuell auch auf soziale Einrichtungen und Objekte des Gesundheitswesens aus. Mit Blick auf den Bereich „Bauen und Wohnen“ ist nachhaltiges Immobilienmanagement ein bedeutender Faktor zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Nachhaltigkeit ist ein Gewinnerthema

Die Nachhaltigkeitswende im Bereich „Bauen und Wohnen“ ist auch eine Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es geht darum, Antworten zu finden: Wie kann Gebäudeenergie dekarbonisiert werden? Wie lässt sich bezahlbarer und gleichzeitig klimaneutraler Wohnraum schaffen? Wie sichern wir auch in schrumpfenden Regionen eine lebenswerte Zukunft?

Studien zeigen, dass Wohnungsnot und hohe Miet- und Mietnebenkosten zu sozialen Ungleichheiten führen können.

Ökologisches Bauen und bezahlbarer Wohnraum sind zentrale Themen für den sozialen Zusammenhalt und haben enormen Einfluss auf die Lebensqualität der Menschen. Doch hierbei geht es nicht nur um den Neubau. Potenziale liegen auch im Bestand oder in der Umnutzung von Gebäuden. Kosten für energetische Sanierung oder den Heizungstausch übersteigen oft den finanziellen Rahmen. Die ökologische Debatte muss in diesem Kontext stärker mit der sozialen verzahnt werden. So wird aus Nachhaltigkeit im öffentlichen Diskurs ein Gewinnerthema.

Barrierefreies Lernen

Das gemeinsame Lernen von Menschen mit und ohne Behinderung ist ein wichtiger Schritt bei der Bekämpfung sozialer Ungleichheit hin zu einer nachhaltig lebenswerten Gesellschaft für alle. Florian Seifert ist Schüler an der Michaelschule in Rostock. Dort lernen Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam. In der Michaelschule erfahren Schüler:innen mit verschiedenen Hintergründen und Lernvoraussetzungen die Teilhabe am schulischen Gemeinschaftsleben sowie eine individuelle Förderung zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und Kompetenzen. Um ihnen den nötigen Raum dafür zu geben und eine optimale Lernumgebung zu bieten, wurde die Schule zwischen 2018 und 2022 in drei Bauabschnitten umgebaut und erweitert. Als Finanzierungspartner stand der Evangelischen Stiftung Michaelshof die Evangelische Bank zur Seite.

„In der Michaelschule lernen Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam. Im Neubau haben wir jetzt größere Räume und einen neuen Schulhof – das ist schon ganz cool gemacht.“

Florian Seifert –

Schüler an der Michaelschule in Rostock

Im Pflegestift Kennenburg unterstützen fast 230 Mitarbeiter:innen derzeit 180 pflegebedürftige Menschen in der Lang- oder Kurzzeitpflege sowie im Jungen Wohnen.

Nachhaltig aufgewertet

Die Bewohner:innen des Pflegestifts Kennenburg sollen Nähe und Lebensfreude spüren: Das ist Christina Barrotta besonders wichtig. Seit fast drei Jahrzehnten arbeitet die Physiotherapeutin bei Dienste für Menschen (DfM), einem diakonischen Altenhilfeträger mit Sitz in Esslingen. Sie wünscht sich eine Atmosphäre, in der sich alle geborgen fühlen, auch ihre Kolleg:innen im Team. Maßnahmen des zertifizierten Nachhaltigkeitsmanagements EMASplus sollen das unterstützen. Bei der energetischen Sanierung im Pflegestift Esslingen-Kennenburg wird das Hauptgebäude über fünf Jahre nachhaltig umgebaut: Im ersten Bauabschnitt geht es um die Erneuerung der Gebäudehülle (Thermofassade, Fassadenbegrünung und Wärmedämmung). So wird das Raumklima in den Zimmern der Bewohner:innen und in den Büros verbessert.

„Durch die Wärmedämmung, kombiniert mit einer Begrünung und Solarmodulen, wird alles optimiert. Und natürlich bin ich gespannt auf die optische Aufwertung meines Arbeitsplatzes.“

Christina Barrotta –

Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Dienste für Menschen (DfM)

Resümee
Die soziale Dimension

Nur wenn wir die soziale Dimension beim Thema Nachhaltigkeit ebenso ernst nehmen wie die ökologische und ökonomische, kann der Wandel hin zu einer integrativen und nachhaltig lebenswerten Gesellschaft gelingen. Finanzströme müssen auch in Richtung sozialer Projekte und Investitionen gelenkt werden: So können Lösungen und Innovationen entstehen, die Integration fördern und den Zusammenhalt stärken.